1. Amatyrill

„Kürzlich führte mich eine meiner Reisen jenseits von Amatyrill. Wahrlich, ich hätte es nicht für möglich gehalten, daß all diese Geschichten, die man sich über die Außenwelt erzählt wirklich einen Wahrheitsgehalt haben. Aber ich will der Reihe nach erzählen. Direkt an den Grenzen, aber bereits in Eglin war es noch erträglich. Freilich mußte ich mich erst ein wenig umstellen auf die menschlichen Sitten und Gewohnheiten, die in der Tat sehr seltsam und sinnlos sind. So teilen sie ihr ganzes Gebiet untereinander auf, und jedes Stück Land gehört einem von ihnen. Und den Wert ihres gesamten Hab und Gutes bemessen sie in Geld. Dies habe ich nicht wirklich verstanden, wie kann man den Wert einer Sache auf diese Art bemessen? Sie scheinen wirklich nichts zu verstehen, noch nicht einmal einen Bruchteil dessen verstanden zu haben, was einige der unseren bereits vor langer Zeit versucht haben ihnen zu lehren. Aber trotzdem ließ ich mich nicht beirren und setzte meine Reise fort. Was ich erblickte, war grauenhaft: Überall Neid, Gier, Mißgunst, Zwietracht und der gleichen mehr. Doch was mich in der Tat beschäftigte, war dieses absolute Unverständnis, diese verklärte Sicht der Dinge, die Ihnen etwas absolut Widerwärtiges verlieh. Mich begann es zu interessieren, was diese Rasse überlebensfähig machte. Und so begann ich meine Studien, auch wenn ich nicht der Ansicht war, daß dies jemals einen Nutzen haben könnte. Sie leben so abseits jegliches Vorhersehung, daß ihr Schicksal so unbestimmbar ist, daß ich am Sinn jeglicher Überlegungen zweifle.“

1.1 Die Bewohner Amatyrills

Die Elfen Amatyrills sind ein anmutiges und würdevolles Volk. Vom Mensch trennen sie gravierende Unterschiede in Physiologie und Kultur. Elfen sind robuster, und doch graziler und schlanker als Menschen und weisen weder Körperbehaarung noch Bartwuchs auf. Ihre Gesichter sind fein geschnitten und weisen einen hellen, makellosen Teint auf, der ihnen ein feengleiches Aussehen beschert. Sie sind sehr agil und bewegen sich leicht und graziös, was auf ein einzigartiges Bewegungsgefühl hindeutet. Die Bewohner Amatyrills sind an sich unsterblich und können nur auf zwei Arten aus der Welt scheiden: Entweder durch Gewalt oder weil sie ihrer Existenz überdrüssig werden und den Lebenswillen verlieren. Elfen schlafen niemals. Stattdessen können sie theoretisch tagelang ohne Rast auskommen, und wenn sie der Ruhe bedürfen, dann regenerieren sie ihre Kräfte in einer traumlosen Meditation. Die Kultur Amatyrills ist recht fremdartig verglichen mit menschlichen Maßstäben. Die Elfen sind das älteste aller kulturschaffenden Völker, und sind von allen Wesen der Schöpfung das herrlichste und gleichzeitig am härtesten vom Schicksal bedacht. Sie sind sehr stark an den Schicksalsplan Iluvatars, des Urvaters, gebunden und sich auch dessen bewußt, und leben in sehr enger Verbundenheit und im Einklang mit der Schöpfung. Aufgrund dieser Nähe zu den Wurzeln ihrer Welt besitzen die Amatyriller auch keine organisierte Religion im Sinne der menschlichen Götzenkulte. Stattdessen zeigen sie ihre Verehrung durch Lieder und Gedichte, und versammeln sich, um im Kreise ihrer Brüder und Schwestern das Leben und die Geschenke Iluvatars zu feiern. Die Gesellschaft der Elfen existiert autark innerhalb der Grenzen Amatyrills, sie ist zu ihrer Erhaltung nicht auf Handelsbeziehungen mit den umliegenden Ländern angewiesen. Da die Elfen Meister des Lebens im Einklang mit der Natur sind, fällt es ihnen leicht, sich in den fruchtbaren Wäldern Amatyrills zu ernähren, ohne das Gleichgewicht der Natur durch übertriebene Jagd oder Landwirtschaft zu gefährden. So, von den Alltagsnöten der meisten irdischen Geschlechter erlöst, ist es ihnen möglich, ihre Zeit (und davon haben sie genug) der Perfektion verschiedenster Tätigkeiten im künstlerischen wie im handwerklichen Umfeld zu widmen. Somit zählen die Produkte Amatyrills, die sich alle durch meisterhafte Fertigung und filigrane Gestaltung auszeichnen, zu den begehrtesten und wertvollsten Waren der Welt, doch gelangen sie selten über die Grenzen hinaus, da die Elfen keine Motivation zu monetärer Bereicherung besitzen. Besitzstreben und Geld sind ihnen fremd, Amatyrill selbst besitzt keine eigene Währung. Grundsätzlich gilt, daß ein Elf sich mit dem zufrieden gibt, was er zum Leben benötigt.

 


 
Während sich so der Großteil der Bevölkerung dem Genuß des kulturellen Lebens widmet, existieren in Amatyrill auch noch bestimmte Gruppierungen, die sich jeweils einer speziellen Aufgabe widmen. Dies sind die fünf Häuser Eliatar, Lorcaleen, Kelnatrar, Pein und Istarion, deren Mitglieder ihr Dasein einem besonderen Teilaspekt der Schöpfung verschrieben haben, und sie stellen sozusagen eine Art kultureller Elite dar, und sind auch für die Repräsentation, den Schutz und die Interessensvertretung gegenüber den umliegenden Reichen zuständig. Generell ist zu sagen, daß Elfen eine komplett andere Lebensart besitzen als die Menschen, die sie so treffend mit dem Begriff „Engwar“ („die Kränklichen“) bezeichnen. Die meisten Unterschiede beruhen darauf, daß die Menschen wesentlich emotionaler handeln als Elfen, denen negative Gefühle ziemlich fremd sind. Werden sie dennoch mit diesen konfrontiert, haben sie zunächst ziemliche Probleme mit ihnen umzugehen.

1.1.1 Die Waldelfen
 


 
„Es war ungewöhnlich kalt für diese Jahreszeit. Die Wiese, auf die er blickte, wurde sanft vom Wind umspielt und die Sonne hing schwer über den nunmehr rötlich schimmernden Wäldern Amatyrills. „So weiß ich nicht, was du mir bringen wirst, mein Tag.“ Und eben in diesem Augenblick konnte er sehen, wie der Falke, den er eine Weile beobachtet hatte, mit der Präzision eines Langbogenschützens hinabschnellte. Er streifte die Nadeln der Fichte, die ihm in dieser Nacht Schutz geschenkt hatte, von seinen Schultern und griff nach seinem Bogen. Sorgfältig öffnete er seine Schultertasche, griff nach einem Stück Leder, in welchem er ein wenig Fett für die Sehne seines Bogens aufbewahrte und faltete es vorsichtig auseinander. Die ganze Zeit über löste er seinen Blick nicht von dem Falken, der seine Schwingen spreizte und sich in der ihm eigenen Erhabenheit, trotz der Last seiner ergiebigen Beute, gen Himmel erhob. Er wußte genau, daß dieses Rebhuhn genügend Nahrung für den Jäger und seine Jungen sein würde. Seine Sehne war eingefettet und sein Bogen gesäubert, als er sich langsam aufrichtete und seine Tasche schulterte. Zielstrebig und mit ruhigem Schritt machte er sich auf den Weg, quer durch das feuchte, kniehohe Gras. Vorsichtig strich er sich seine Haare aus dem Gesicht, nahm einen Lederriemen und flocht sie zu einem Zopf. Er blickte nach rechts und konnte den mit Moos bewachsenen Baum schon fast auf gerader Linie sehen. Genau vor ihm war dieser Felsen. Einige Schritte dürften es noch sein. Er blieb stehen und kniete sich, bedacht auf das was er tut, vor das Nest mit den Rebhuhneiern, das er vor zwei Tagen entdeckt hatte. „Diese hast du mir gelassen, du Herr der Lüfte.“ Behutsam legte er ein Ei beiseite und verstaute die Restlichen, eingebettet das Nest, in seiner Tasche.“

 

Die Waldelfen stellen die breite Masse der Bevölkerung Amatyrills dar. Naturverbundener als die Hochelfen tragen sie hauptsächlich praktische Kleidung und sind selten schwer gerüstet. Obwohl jeder Elf seinen eigenen Stil hat, wirken sie trotzdem jederzeit auf eine eigentlich ziemlich schlichte Art ästhetisch. Sie sind von kleinerer Statur und werden auch nicht so alt wie Hochelfen (ca. 400-600 Jahre statt ca. 1200 Jahren), sind dafür aber etwas herzlicher und umgänglicher, was an ihrem ganzen Auftreten und Erscheinungsbild deutlich wird. Trotzdem, wie schon gesagt, sind Elfen von Haus aus gepflegter als Menschen und tragen fein gearbeitete Elfenwaren (nicht aus Eitelkeit, sondern einfach weil die Elfen lange genug Zeit hatten ihr Handwerk in allen Bereichen zu perfektionieren). Da Waldelfen ziemlich agil und flink sind, findet man bei ihnen auch oft gute Scouts und Waldläufer. Auch den Bereich der Schamanen stellen ausschließlich die Waldelfen, wobei man dazu sagen muß, daß für Elfen eigentlich der Weg der Magie typischer ist, da er geeigneter ist für ihre Wesensart und ihre Weise, die Dinge zu betrachten.

1.1.2 Die Hochelfen

„Die Bauern des Dorfes waren von einer wahren Euphorie erfaßt, als sie den stolzen Hochelfen erblickten, der an der Seite der trawonischen Landwehr das Dorf betrat, die hier auf dem Weg zur Ostfront rasten sollte. Aus der jubelnden Masse löste sich ein kleines Mädchen, das dem Edhel entgegentrat und ihm einen Strauß Frühlingsblumen überreichte. Geistesabwesend senkte die hochgewachsene Gestalt den Blick auf das Kind, und in seinen Augen lag ein Ausdruck vollkommenen Unverständnisses. Er fixierte das Mädchen in einem durchdringenden Starren, doch das Kind schien irgend etwas zu erwarten. „Wenn es jetzt erwartet, daß ich ihm in fürstlicher Volksverbundenheit einen Kuß auf die Wange drücke, dann hat es sich aber getäuscht“, dachte Valhar, „irgendwo muß man in seiner Genügsamkeit zu diesen kränklichen Existenzen seine Grenzen ziehen.“ Das Kind stand noch immer erwartungsvoll vor dem Elfen, und schließlich stürmte, um die Situation von der peinlichen Spannung zu lösen, die Mutter nach vorne und zerrte die Kleine an den Händen davon. Die Traube spaltete sich und der Bürgermeister des kleinen Weilers trat hervor. „Ich grüße Euch, Kommandant von Waldstein, und erbiete euch auch unsere herzlichsten Willkommenswünsche, hoher Gast aus Amatyrill. Wollt ihr nicht ein paar Worte an das, von den Wirren des Krieges gezeichnete Volk eures Landes richten?“ Da sah Valhar, daß vor dem zweistöckigen Gebäude in der Mitte des Platzes, offensichtlich das Haus des Bürgermeisters, ein kleines Podest aus morschen Brettern zusammen gezimmert war. Das dieses pathetische Gewürm immer so ein Aufsehens machen muß ... tsts ... Der Kommandant trat aufs Podest und richtete einige patriotismusschwangere Worte an den Pöbel. Valhar hatte für solchen Unsinn wenig Interesse übrig. Der Kommandant trat herab, und der Bürgermeister trat vor den Elfen.
 


 
„Sprecht doch auch zu den tapferen Erduldern dieser dunklen Zeiten, oh edler Herr.“ Valhar schwieg. „Ich bitte Euch, erleuchtet uns mit Eurer Weisheit, und sagt uns, was das allerbeste sei für unser unwürdiges Leben in diesen finsteren Tagen.“ Ohne ihn eines Blickes zu würdigen trat Valhar auf das Podest und sprach mit klarer und gnadenloser Stimme: „Ihr elendes Eintagsgeschlecht, des Zufalls Kinder und der Mühsal, was drängt ihr mich, Euch zu sagen, was nicht zu wissen für Euch das Ersprießlichste ist. Das Allerbeste zu erreichen, ist Euch unmöglich: Nie geboren zu sein, nicht zu sein, nichts zu sein! Das Zweitbeste jedoch ist für Euch: bald zu sterben.“ Mit diesen Worten trat der Elf hernieder und ging stolzen Blickes an den offenen Mündern der Trawonier vorbei. „Ich hasse Zeremonien...“

Hochelfen sind groß gewachsen, schlank und haben stets ein sehr gepflegtes und beeindruckendes Auftreten (elegante Roben, schöne, schwere Rüstungen, etc.). In der Regel treten sie gar nicht oder nur selten in der Öffentlichkeit auf (eine Ausnahme bilden hierbei die Karansaar). Entgegen den Waldelfen haben sie nahezu kein Interesse an der Außenwelt und ziehen es deshalb vor in ihren Türmen zu bleiben und sich dort ganz einer Aufgabe, z.B. der Perfektion magischer Künste zu widmen. Unter ihnen findet man deshalb auch die meisten und mächtigsten Magier Amatyrills. Die Hochelfen, die Amatyrill verlassen um durch die Lande zu reisen, geben sich noch viel weniger mit den Menschen und den anderen "minderwertigen" Rassen ab. Sie ziehen es vor, sich mit ihresgleichen zu umgeben, hängen oft ihren eigenen Gedanken nach und wirken meist etwas abwesend, schwelgen ein wenig in den alten Zeiten und können mit den menschlichen Umgangsformen und Handlungsweisen nur wenig anfangen. Im Gegensatz zu den Waldelfen ist es für sie auch schwieriger sich in der Menschenwelt zurechtzufinden (Hochelfen sind sozusagen Existenzialisten) , da sie viel zurückgezogener leben und somit nie gelernt haben mit den „menschlichen“ Gefühlen (z.B. Neid, Gier, Trauer, etc.) umzugehen. Für jeden Spieler, der einen Hochelfen spielen will, bedeutet dies, daß er zum einen wirklich auch die körperlichen Voraussetzungen haben muß (er sollte groß und schlank sein!), sich bezüglich seiner Gewandung Gedanken machen sollte und bereits im Vorfeld über seinen Charakter intensiver nachdenken sollte. Es ist einfach schwerer einen Hochelfen zu spielen und man sollte sich darauf gut vorbereiten.

1.1.3 Diverse andere Elfenrassen

Ein kleiner Teil der Bevölkerung Amatyrills besteht aus Elfen, die nicht reinen Blutes sind, d.h., daß in ihrem Stammbaum andere Rassen wie Drow oder Menschen zu finden sind. Nach dem Malwa-Gur beschlossen die Elfen sich zurückzuziehen, um sich vor der Welt zu verbergen. Die einen in die abgeschiedenen Wälder, die anderen unter die Erde. Letztere kennen wir heute unter dem Namen Drow. Über eine lange Zeit hinweg bestand kein Kontakt mehr zwischen den ehemaligen Brüdern und Schwestern. Daher ist auch nur sehr wenig darüber bekannt, was zu den sichtbaren Veränderungen an Körper und Geist geführt hat. In den Jahrtausenden unter der Erde wurde ihre Haut schwarz wie Ebenholz und ihr Haar weis wie frisch gefallener Schnee. Durch das trostlose und gefährliche Dasein in ewiger Finsternis verfinsterte sich ihr Geist und ihre einst reine Seele wurde menschlicher. Es wird berichtet daß einige von ihnen sogar dazu über gegangen sind Illuvatar zu leugnen und einen dunklen Teil der Schöpfung zu verehren. Aber dies alles sollte mit Nachsicht betrachtet werden, da man bedenken sollte, wie anders als wir sie doch die letzten Millenien verbrachten. In Gefahr und Dunkelheit. Der einfache Amatyriller kennt Drows nur aus Geschichten und hat noch nie einen zu Gesicht bekommen. Aber es gibt auch einige, die im Geiste und in ihrer Seele nicht so weit vom heutigen Elfen entfernt sind. Dies ist vermutlich auch der Grund, weshalb einige Elfenfrauen sich mit einem Drow vereinigten und Kinder gebaren, die das Schicksal der getrennten Völker, im Willen Illuvatars, wieder einigen. Der einzige Drow, von dem bekannt ist daß er Amatyrill betreten hat, ist der Vater des Giliaths des Hauses Pein und der Hiriel des Hauses Eliatar. Dieser lebt nun mit seiner Familie am Rande Amatyrills um zu gewährleisten daß keine Gefahr für ihn durch die Kinder Torog Nais besteht. Die Elfen die Amatyrill verlassen, begegnen ihren ehemaligen Geschwistern entweder mit Mitleid für ihr düsteres Schicksal oder mit Verachtung für ihren Illuvatarlosen Weg. Grundsätzlich haben sie Schwierigkeiten im Umgang mit ihnen, genauso wie im Umgang mit Menschen, da ihnen deren Denkweise einfach unverständlich ist. Aufgrund ihrer Fremdartigkeit ist es nicht einfach für einen Halbelfen seinen Weg in Amatyrill zu finden, da die meisten Elfen ihm mit offensichtlicher Distanz und manche, vor allem die Hochelfen, sogar mit Verachtung begegnen. Daher befinden sich fast alle Halbelfen, auch die welche einen Menschen zum Vater oder zur Mutter haben, im Hause Pein, da dies der Ort ist, an dem sie mit ihrer Andersartigkeit am besten ihre Bestimmung finden und ihre besonderen Fähigkeiten unter Beweis stellen können. Seit der Veränderung der Stellung des Hauses Pein, ändert sich auch die bisherige Toleranz in Achtung und Akzeptanz. Die letzte Rasse, die mit den Elfen verwandt ist, ist die der Schattenelfen. Über sie ist, bis auf ihre Existenz, nicht viel bekannt. Und diese wird auch gern verschwiegen, da sie viel zu sehr mit dem schandvollen Malwa Gur in Verbindung steht. Damals entschlossen einige Elfen sich mit den Menschen, mit Leid und Tod auseinanderzusetzen. Dieses Tun gebar großes Unheil und es ereignete sich das erste Mal, seit Anbeginn der Zeit, das ein Elf die Hand gegen den Bruder erhob. Das was dann geschah ist heute als Malwa Gur, oder auch als der Brudermord bekannt. Diejenigen, die man heute Schattenelfen nennt, verließen ihr Volk, zogen nach Osten und waren für Jahrtausende nicht mehr gesehen. Man hörte Berichte, daß sie sich mit Dunklen Mächten einließen und krank an Geist und Seele wurden. Ihr Aussehen änderte sich dahingehend, daß ihre Haut nun so bleich wie die eines Toten ist. Es dürfte nicht viele Amatyriller geben, die je einen gesehen haben und noch weniger die mit einem gesprochen haben. Daher ist auch schwer zu sagen, wie wir mit unseren fehlgeleiteten Brüdern umgehen sollen, sollte das Schicksal uns je wieder zusammenführen. Vor allem da das Malwa Gur noch immer schwer auf unseren Schultern lastet. Aber das Schicksal wird uns vor diese Aufgabe stellen und machte wohl auch schon dadurch, daß es uns mit Ulan Dhor offenbarte, daß einer von ihnen für Jahrhunderte unbemerkt unter uns lebte.

1.2 Das kulturelle Erbe

Ein Elf ist Künstler, bei allem was er tut. Eine von einem Elfen gemachte Statue, wird in ihrem Gesicht Gedanken tragen und sollte sie einen traurigen Blick haben, so wird es dem Betrachter so vorkommen, als würden Tränen über ihre Wangen laufen. Ein Elf der ein Lied vorträgt, wird bei denen, die ihm und seinem Gesang lauschen, Gefühle wecken, wie es einem Sterblichen nicht möglich wäre. Und selbst der Anblick eines Elfen der gerade ein anderes Lebewesen tötet, wird einen - man muß es sagen wie es ist - ästhetischen Aspekt in der blutigen Tat haben. So ist jeder Elf ein Künstler in einer speziellen Tätigkeit auf seinem schicksalsgegebenen Weg. Strömungen in der Kunst gibt es keine. Ein Elf käme niemals in Versuchung etwas geringer darzustellen, als er es in seiner reinen und natürlichen Form sieht und fühlt. Weiterhin sehen Elfen keinen Sinn darin, Kunst zu sammeln und zu horten. Sie ist dafür da, sich daran zu erfreuen. In den Städten Amatyrills ist somit die Kunst und die Kultur allgegenwärtig. Die Hochelfen haben es geschafft kunstvolle Türme zu erbauen in denen sie ihren Gedanken nachgehen. Und die Siedlungen der Waldelfen sind für die Augen, die sie nicht sehen sollen, nicht wahrnehmbar, da lebende Zweige Kunstvoll mit eingewebt sind in die Wände der Häuser und die Dächer ihre Farbe im Wandel der Natur und der Jahreszeit ändern. Die Musik ist eine in Amatyrill sehr verbreitete Kunst. Erinnerungen werden oft in Form von vertonten Gedichten weitergegeben. Und aufgrund dessen, dass jeder Elf etwas Magisches in sich trägt, kann man den Inhalt des Liedes tatsächlich nachfühlen. Daher sind Lieder auch eine beliebte Art der Geschichtsschreibung. Die Struktur Amatyrills, die Geschichte der Häuser und des Landes, sowie religiöse Grundsätze werden in den Familien weitergegeben. Somit hat die Familie einen hohen Stellenwert. Denn die Familie ist der Ort, an dem das Leben eines jungen Elfen geprägt wird, und an dem sich ihm auch der Beginn des Weges, den das Schicksal für ihn vorgesehen hat, offenbaren wird. Die Elfen Amatyrills geben sich ihrem Schicksal hin, auch wenn der Weg des Schicksals oft verschlungen ist. Was das für das Leben eines Elfen bedeutet, erklärt folgendes:

„Daria war eine junge Waldelfe und wuchs in den wunderschönen Wäldern Amatyrills auf. Eines Abends begann ihre Großmutter ein Lied zu summen und bald darauf auch den Text zu singen. Sie erzählte in dem Lied die Geschichte eines Elfen aus dem Hause Kelnatrar. Sein Name war Alandar. Sie berichtete von Schlachten und Kriegen, von Liebe und davon wie Alandar eines Tages in das große Ganze einging. Auf Daria hatte die Geschichte große Wirkung. Sie widmete ihr Leben daraufhin der Perfektion des Kampfes. Als sie nach einigen Jahrzehnten wußte, daß sie genügend Erfahrungen über Kampf, Krieg und Vergänglichkeit gesammelt hatte, kehrte sie nach Amatyrill zurück und begann die Arbeit an einer Statue. Die nächsten Jahre verbrachte sie mit der Arbeit an dieser und als sie vollendet war, begann sie das Lied zu singen, das ihre Großmutter damals vorgesungen hatte. Sie fügte eine weitere Strophe an, die von einer Elfin berichtete, die eine Kriegerin wurde, um Alandar eine Statue erschaffen zu können, und den Erlebnissen, die sie in ihrem Leben als Kriegerin hatte und durch die sie in der Lage war, dem Gesicht und dem Körper Alandars diese Spannung und diesen Ausdruck zu geben, zu dem sie sonst nicht in der Lage gewesen wäre. Und diese Statue zu schaffen war der Weg, den ihr das Schicksal vorherbestimmt hatte.“

 

2. Die Häuser Amatyrills

Die Elfen Amatyrills perfektionieren den, durch das Schicksal vorbestimmten Weg und Aspekt eines jeden Bewohners ihrer Heimat, in dem Gedanken der Häuser. Die fünf bekannten Häuser sind das Haus Eliatar (Haus des Gesetzes), das Haus Lorcaleen (Haus des Friedens), das Haus Kelnatrar (Haus des Krieges), das Haus Pein und das alles vereinende Haus Istarion (Haus der Magie). Nur ca. 30% fühlen sich berufen, ihr Leben einem Haus zu widmen. Jedes Haus läßt sich einem der fünf Elemente zuordnen, welches die Aufgabe des Hauses widerspiegelt (Eliatar = Luft, Lorcaleen = Wasser, Kelnatar = Feuer, Pein = Erde und Istarion = Magie). Die Zugehörigkeit zu einem Haus wird symbolisch durch eine Schärpe in den Farben des Hauses und mit der Rune desselbigen dargestellt. Jedes Haus gliedert sich in eine Art Hierarchie ein. Ein sogenannter Giliath verkörpert so etwas wie einen Anführer des Hauses. Er vereint die gesamten Aufgaben eines Hauses in sich. Ihm unterstehen die Heru/ Hieriel, die als Stellvertreter oder ausführende Instanz des Giliaths gelten. Einen Giliath wird man nur selten zu Gesicht bekommen, denn sie halten sich hauptsächlich in Amatyrill auf und leiten von dort aus die Geschicke ihres Hauses. Die Ausnahme hierbei bildet das Haus Pein, denn die Funktion jenes Hauses ist zum größten Teil das agieren in den restlichen Mittellanden. Einem Heru oder einer Hieriel begegnet man öfter, da sie als Beauftragte der einzelnen Giliathi auftreten. Die Häuser haben der Anzahl der Mitglieder und der Situation entsprechend mehrere Stellvertreter (Heru/ Hieriel). Eine Befehlsstruktur soll diese Hierarchie nicht darstellen. Wie die jeweiligen Häuser dies gestalten oder wie sie mit ihrem Giliath umgehen, ist ihnen frei überlassen. Die bestehende Ordnung ist jedoch anerkannt und geachtet. Giliath bzw. Heru/ Hieriel sollen keine „Titel“ im herkömmlichen Sinn darstellen, sondern es ist vielmehr die Verantwortung, die einem Elfen übertragen wurde. (Intime gibt es also nur die Möglichkeit, daß jemand von seinem Posten freiwillig zurücktritt, weil er einen anderen für fähiger hält. Somit werden Intrigen um die jeweiligen Posten vermieden.)